Kapitel 1
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Oh welche Zauber liegen in diesem kleinen Wort: Daheim. Emanuel Geibel.
Wenn man neues Wissen für sich erfahrbar machen will hat man die Möglichkeit, wenn nicht gar die Pflicht, es erst einmal in seinem Inneren zu bewegen bevor man es, mit einem eigenen Kommentar versehen, gleich wieder von sich gibt. Das dauert, ja es dauert manchmal eine ganze Weile, aber die eigenen Geheimnisse, die inneren Wunder, brauchen ihre Zeit des Wachstums, um zu voller Blüte zu gelangen. Das Heilige, Verborgene der Innenwelt kann dann plötzlich, fast blitzartig zig Tagebücher des Körpers und der Seele auf einmal füllen und zusammenfassen.
Vorherige Lebenserfahrungen kommen hinzu und in weniger als einer Sekunde wird alles zu einem neuen inneren Wissen komprimiert und auf einmal bewusst. Diesen Einsichten gehen oft viele Jahre harten Lernens voraus, Jahre der Suche und des Forschens, bevor das neue innere Wissen unerwartet frei gesetzt werden kann. Die Erfahrungen von sowohl Positivem wie Negativem werden sich durch diesen Prozess zu einem eigenen SEIN formen.
Die nun ans Licht gekommene Wahrheit war schon immer da, kann aber jetzt erst geboren werden. Der Keim ist bewässert worden und das Geheimnis kann sich befreien. Der Same springt auf und beginnt wie eine Lotusblume zu erblühen. Mein sechster Sinn ist erwacht und möchte von mir umarmt werden.
Es gibt die klassischen fünf Sinne des Menschen: Hören, Riechen, Sehen, Schmecken und Fühlen.
Mit ihnen beginnen wir in unserer Kindheit ausdrücken, wie es uns geht und wie wir uns fühlen. Alle diese Sinne warten, bis sie mit der Ich-Erfahrung beschienen werden. Bis die gegensätzlichen Lichtfackeln (Mann-Frau Polarität) zusammen finden, die es uns erst möglich machen, “Gott” zu erfahren. Ich schreibe “Gott” in Anführungszeichen, denn im allgemeinen bedeutet “Gott zu erfahren” die höchste esoterische Kapazität körperlicher Erfahrungen. Sie entsteht in dem Moment wo der Zustand des “ich bin, der ich bin” erreicht worden ist. Albrecht Dietrich (1866-1908) beschreibt dies in seiner Mithras Liturgie, die Frans Cumont gewidmet ist, wie folgt:
“Hier gerade, in unserem Dokument, ist ein Höchstes des religiösen Kultus in sakramentalem Ritus dargestellt: Die Erhebung der Seele zum Göttlichen Licht und
Ihre Vereinigung mit Gott.” S. 30 Eine Mithrasliturgie
Eine sanfte Melodie in meinem Inneren spielt meine eigene göttliche Melodie. Und mein göttliches Orchester hat seinen Sitz in meinem Gehirn (“Im Hause meines Vaters sind viele Wohnungen” Johannes 14:12) Dies ist unser Ziel, ist der Ort, wo unser innerliches Licht erwachen soll. Unser Gehirn soll (Licht) Energie ausstrahlen, so dass wir selber zum “ich bin” werden. Das Licht (Gott in der Religion) wohnt in unserem Gehirn, damit ich als Sohn aufwachen kann, um ein eigenes Licht zu erfahren. (Der Sohn wird auch “inneres Kind” genannt.). Mein Vater (das Gehirn, befreit von Emotionen), zeigt mir den Weg, hat keine Meinung, weiß nur was gut und schlecht ist. So wie Mithras selbst oder als Eingeweihter in seinen Kult, kann ich selbst entscheiden, ob ich die Leiter emporklimme und damit den Weg beschreite. Es liegt in meiner eigenen Verantwortung.
Dramatik gehört dazu, wenn die Dualität des Eros und des Thanatos innerlich erwachen und zu Sprache oder Tat aufrufen. Dabei steht mir meine ganze innere Welt mit Eros und Todesverlangen gleichzeitig zur Verfügung. Eros bedeutet in diesem Falle aber nicht Sexualität. Eros ist meine Lebensenergie, die mich ermutigt die Leiter zu erklimmen, während Thanatos mein Verlangen darstellt, aufzugeben. Wie Zwillinge mit Fackeln in ihren Händen, immer auf der Suche nach meinem innersten Geheimnis, meinem Heiligsten.
Dualität bedeutet hierbei nicht ein Duell einzugehen, bei dem es einen Sieger und einen Verlierer gibt. Die Dualität sollte betrachtet werden als ein Ganzes, in dem beide Teile sich ergänzende Eigenschaften darstellen.
Es ist weder gut noch schlecht. Es ist, wie es ist.
Heilig bekundet in diesem Fall das Verborgene, mein eigenes verborgenes “Göttliches Ganzes”. Da, wo mein inneres Wissen ganz “MEIN” ist. Nicht meines, denn es gehört mir nicht… “Ich bin, der ich BIN.”
- Wenn man sein eigenes Sein nicht in seinem eigenen Inneren untersuchen möchte, dann gibt es die perfekte, im Außen liegende Lösung: Glaube anderen.
- Hier liegt der Sinn aller bestehenden Religionen und Diktaturen. In einer Demokratie regiert das Volk, Männer und Frauen gleichermaßen. Um das verwirklichen zu können, benötigen wir ein Bewusstsein des Weiblichen und Männlichen in uns, sowohl in unserem Verstand / Gehirn, wie auch in unseren
Körpern. Die Transformation der Eros-Energie soll aufsteigen, alles hingegen was weh tut (Thanatos), soll verarbeitet werden.
Gleichzeitig ist es unglaublich schwierig, theoretisch sogar unmöglich meine innere Welt der Außenwelt verständlich zu machen, so daß meine Mitmenschen genau, ganz genau verstehen was mit mir los ist. Es ist unmöglich mein inneres Erleben zu 100 Prozent zu beschreiben, auszudrücken, zu singen oder zu malen. Wenn es fehlschlägt, stellt sich oft ein Gefühl von: “Ich bin (ab)getrennt, auf mich allein gestellt. Es hat doch keinen Sinn, mich verständlich machen zu wollen” ein. Die Konsezqenz ist, dass man doch noch tiefer in das eigene Innere hinabsteigen, tiefer zu seinem inneren Ich vordringen muss.
Es hört doch jeder nur, was er versteht. (Goethe)
Wie wäre es nur, wenn ich mich selber verstünde, mir selber zuhörte?
Es wäre Himmlisch! Göttlich!
Es wird oft gesagt, dass nur Verrückte (lunatics) mit sich selbst reden. Wie schön! Ich möchte auch zu den Verrückten, den Lunatics zählen. Denn dies war das Wesentliche im Wesen des Mithraskultes. Männliche Mysten brauchten Luna, damit der Soldaten-Machismus (übertriebener Kult des Männlichen) abgelegt werden konnte, so dass sie ganz Mensch wurden und nicht nur ‘Mann’ sein konnten. Um das zu erreichen müssen wir unsere männliche “Hard-Disk” opfern, ohne ihren Inhalt zu vergessen. Denn beim Verbrennen ist die Asche gleich dem Holz. Mein Inneres ist mein Äußeres. Der Anfang ist gleichzeitig das Ende. Das Ende bringt einen neuen Anfang hervor, genauso wie eine negative Erfahrung die Wiedergeburt von etwas Gutem verursacht. Denn das Bewusstsein mit dem Körper zu vereinigen, bringt immer etwas Gutes mit sich.
Das die männlichsten Männer herrschen, ist in der Ordnung. (Nietzsche)
Im Falle des Mannes, der nur exoterisch leben möchte, also außerhalb seiner selbst, hat Nietzsche recht. Da ist der Mann immer noch der alles beherrschende MachoGott, der alle anderen Männer vernichten will. (Nur ein Same kann gewinnen.) Wenn Frauen sich e-man-zipieren, warum sollen Männer sich dann nicht e-frau-zipieren?
Erst dann kann der Mann seine eigene innere Göttin als Partnerin verstehen, die seine eigene Göttlichkeit mit erleuchtet. Das innere Göttlich-Männliche und GöttlichWeibliche vereinigen sich als Paar, als androgynes Paar.
Von Außen betrachtet belegen viele Funde, dass der Mithras Kult ein Macho-Kult war. Perser mit Waffen, Soldaten, Seeräuber, Mithras und Sol, der Sonne… (ja, richtig sollte es eigentlich ‘der’ Sonne und ‘die’ Mond heißen). Die Sonne ist von sich aus eine männliche, nach außen strebende Energie, während der Mond von sich aus eine das Wasser anziehende, aufnehmende, weibliche Energie ist. Interessant dabei ist, dass man im französischen für Vagina ‘le vagin’ anstelle von ‘la vagine’ sagt. Ein weiterer Beweis dafür, wie das Wort (Im Anfang war das Wort) von frauenfeindlichen Männern jahrtausendelang manipuliert worden ist, um ihre Vorherrschaft zu sichern.
Denn schnell wird ein Text zur Religion. Doch beim Mithras Kult gibt es keine Religion, wie wir später noch sehen werden.
Von der Esoterik des Mithras Kultes ist uns nur ganz wenig übermittelt worden. Es gibt nur wenige Texte und wenige Abbildungen, die den Initiationsritus der Mysten beschreiben oder darstellen. Man wurde stufenweise eingeweiht, um vom Raben zum Vater / Padre aufzusteigen und damit die innere Leiter zu erklimmen. Es bedurfte Jahre der innerlichen Feierlichkeiten und der Trauer, Jahre des Eros und des Thanatos, bevor der Myste sein inneres Wesen rein gewaschen hatte. Er sollte freiwillig von sich selbst und dem Macho-Mann in sich Abschied nehmen, um sein Leben als ein strahlender, freier und liebevoller Mithras leben zu können.
Dies alles ist immer esoterisch gemeint, doch das exoterische sollte immer auch anwesend sein. Beide gehören wie Zwillinge zusammen; immer.
Die Geheimlehre des Mithras wurde vom Padre nur an Adepten der siebenstufigen Leiter weiter gegeben, damit der Myste es integrieren konnte, damit der Mann ‘Mensch’, also Zwilling werden konnte. Denn der Mensch ist von seinem Wesen her gleichzeitig männlich und weiblich, und der Mann lernt in sieben Stufen nicht im Außen zu herrschen, sondern stattdessen die inneren Stufen der Entwicklung zu erklimmen. Den Fokus vom Außen ins Innere zu verlagern ist der Weg des MachoMannes, so dass der Macho ausgelöscht wird und sein Schwert niederlegen kann.
“Du kannst! So wolle nur!”, Faust I, Vers 4544 / Faust
Bild und text: © Copyright Luc Kusters
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